PulledPork
Ich bin gerade im Tram auf dem Rückweg von einem Neugeschäftstermin.
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In den vorangegangenen Tagen zerbrach ich mir ausgiebig den Kopf zum Thema Content und Social Media. Ziel war es, im Neukunden-Gespräch von eben etwas über alternative Werbeformen zu erzählen. Zur Vorbereitung las ich die neuesten Artikel und Beiträge dazu und fabrizierte daraufhin ein paar halbwegs klug formulierte Charts im Powerpoint. Einmal mehr stellte sich mein Zeitmanagement als nicht ganz optimal heraus und so kam es, dass die letzten zwei Stunden vor dem Termin richtig hektisch wurden.
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Umso mehr geniesse ich nun die Tramfahrt. Gemächlich tuckere ich durchs Zürcher Seefeld, lausche abwesend dem Rasseln der Räder, die gerade ein paar Weichen am Bellevue überqueren.
Meine Gedanken kreisen um das Gespräch von gerade eben.
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«Wir haben uns bislang bewusst gegen Social Media entschieden, da uns das alles viel zu schnell geht. Ich will hingegen Kontrolle haben über alles, was das Haus verlässt. Deshalb muss auch immer alles zuerst über meinen Schreibtisch.», rechtfertigte unser Gesprächspartner seine Ressentiments gegenüber unseren Vorstoss, vermehrt auf Social Media Plattformen aktiv zu werden. «Wir wollen und können uns keine Fehler erlauben. Dafür ist unser Metier zu sensibel. Wer weiss, wann und wo etwas von uns wieder auftaucht?», doppelte der Leiter und Inhaber eines KMUs im gehobenen Kundensegment nach.
Natürlich versuchten wir die Skepsis zu zerstreuen. Indem wir den vorgebrachten Argumenten vollumfänglich beipflichteten.
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Tatsächlich ist es ein Irrglaube, dass Social Media so schnelllebig ist, wie sie sich anfühlt. In Wirklichkeit überleben Inhalte wesentlich länger, als man vermuten könnte, wenn man sein Profil auf Facebook checkt oder gelegentlich die neusten Feeds auf YouTube anklickt. Nicht von Ungefähr wird immer wieder mit Verweis auf den sogenannten «Digital Footprint» vor unbedachten Posts und Selfies gewarnt. So können ungeliebte Inhalte selbst dann wieder auftauchen, wenn man sie für endgültig gelöscht hält.
Doch was gemeinhin als Pferdefuss des Internets kolportiert wird, hat durchaus auch Qualitäten. Denn auf den gleichen verwundenen und rätselhaften Pfaden suchen sich auch die Inhalte ihre Öffentlichkeit, von welchen man hofft, dass sie es tun.
Man kann sich also durchaus auch freuen über die nachhaltige Präsenz eines Beitrages, vorausgesetzt, dieser wurde mit der entsprechenden Sorgfalt hergestellt.
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Inzwischen bin ich mit dem Tram ein Stück weitergekommen. Ich schaue durch die regennasse Scheibe nach draussen, aus meiner Insel der Gemütlichkeit hinaus in die Hektik des mittäglichen Strassengetümmels.
Vor meinen Augen zieht eine Plakatwand vorbei: McDonald’s Werbung für den «Pulled Pork Burger» von Starkoch René Schudel.
«4 Stunden lang gegart.», lese ich da in grosser Schrift. «Irgendwie paradox», denke ich und lasse meine Gedanken abwandern. «Fleisch mit Feinschmecker-Methoden zu veredeln, um es dann im Schnellimbiss zu verschleudern.» Sogleich denke ich aber, dass in diesem Widerspruch durchaus ein gewisser Reiz liegt: Warum nicht einen Hamburger kreieren und anbieten, der in seiner Herstellung alles toppt, was das Fastfood-Universum zu bieten hat? Womöglich macht der «Pulled Pork Burger» von McDonald’s die fünf Minuten, die der Verzehr zirka in Anspruch nimmt, zu den allerbesten fünf Minuten, die ein Burger jemandem bereiten kann?
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Mit Content verhält es sich ähnlich, wird mir während der verbleibenden Tramfahrt bewusst. Ob ein Beitrag aufmerksam gelesen, nur überflogen oder gar als nicht lesenswert weggeklickt wird, ist eigentlich einerlei. Der Beitrag sollte immer mit der gleichen Sorgfalt und Bedacht verfasst werden.
Was Leute mit Inhalten machen, lässt sich kaum voraussehen. Man kann die Menschen lediglich insofern beeinflussen, als dass man ihnen möglichst nur das Beste vorsetzt, was man zu bieten hat.
Der Rest ist Vertrauen. Vertrauen darauf, dass Qualität erkannt und geschätzt wird. Und dass der Inhalt eine möglichst lange andauernde und verwundene Reise durch das Internet antreten wird.
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Zu Hause angekommen setze ich mich sofort an meinen PC – und siehe da, McDonald’s lässt sich seinen Slowfood-Burger auch einiges mehr kosten. Zeitaufwändigere Vorbereitung hat auch beim Burgerriesen seinen Preis.
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So kann ich zu Papier bringen, was mich zu diesem Thema am meisten unter den Nägeln brennt:
Für ihren Content sollten Unternehmen generell mehr Budget bereitstellen. Denn nicht alleine der grössere Genuss beim Anschauen, Hören und Lesen rechtfertigt die Investition. Sondern auch die vermeintlich höhere Akzeptanz und eine dadurch erhöhte Bereitschaft den Inhalt zu teilen.
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Vor allem kann man sich als Unternehmer entsprechend entspannt zurücklehnen. Und sich freuen, wenn die Inhalte in naher und ferner Zukunft öfter auftauchen werden.
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(VISUAL: McDonald’s Schweiz, www.mcdonalds.ch)