UBER
Gerade eben eilt eine Schlagzeile durch den europäischen Blätterwald: «Verbot für Uber in Italien».
Ein Mailänder Gericht entspricht der Forderung mehrerer kleiner Taxiverbände und untersagt den Webdienst aus den USA, welcher die wesentlich günstigere Beförderung von Personen durch Private gewerblich organisiert.
Die Taxifahrer jubeln. Und die Fahrgäste und Fahrer der via Mobileapp vermittelten Transportdienstleistungen brechen in Wehklagen aus.
Weiter nicht der Rede wert, mag man sich vielleicht denken. Doch die Niederlage der Sharing Economy Plattform aus San Francisco hat durchaus explosive Aspekte und könnte Schule machen. Zumindest ist zu erwarten, dass professionelle Erbringer von vergleichbaren Services das Wegbrechen ihrer Erwerbsgrundlage, verursacht durch günstigere, nichtprofessionelle Anbieter über Webservices wie Uber, AirBnB etc. nicht länger hinnehmen werden.
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epa04249535 Taxi drivers block a street as they join a European strike against the 'Uber app', in Naples, Italy, 11 June 2014. Italian taxi drivers protested against the competition from Internet and mobile apps designed for calling cabs in Naples. EPA/CIRO FUSCO

(Taxiverbände gewinnen vor Gericht: Proteste gegen die Taxi-App Uber in Neapel (11. Juni 2014). Bild: EPA/Ciro Fusco/Keystone)
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Betrachtet man die Situation etwas genauer, dann zeigen sich Parallelen zu allen Dienstleistungsgewerben, welche mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben. So verhandelten Italiens jubelnde Taxifahrer mit den gleichen Argumenten, wie alle sog. Profis sich von Amateuren abzugrenzen versuchen: Qualität, Sicherheit, Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit für die Kunden auf der einen und Tarif-, Erwerbs- und Perspektivensicherheit für die Gewerbetreibenden auf der anderen Seite. Natürlich nur unter Einhaltung der geschriebenen und ungeschriebenen Spielregeln. Also in Kurztext ein qualitativ besseres Angebot für einen entsprechend höheren Preis.
Man kann selbstverständlich der Ansicht sein, dass die erzwungene Öffnung des Marktes Gewerben gut tut, welche sich seit Urzeiten abschotten und dabei genau das Gleichgewicht zwischen Qualität und Preis vernachlässigen. Nimmt man dazu noch das Taxigewerbe zum Beispiel, so fühlt man sich bei dieser Ansicht erst recht bestärkt. Zu oft sitzt man in einem heruntergerockten, schmutzigen Taxi mit Fahrern, die alles andere als ortskundig sind. Unter Zuhilfenahme von GPS Navigationssystemen werden sich die erbrachten Beförderungs-Dienstleistungen tatsächlich immer ähnlicher, mal von der persönlichen Motivation abgesehen, als Fahrer das private Auto oder eben das des Taxiunternehmers für eine angenehme Fahrt sauber zu halten.
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Als gelernter Kommunikations-Designer sieht man sich seit geraumer Zeit ähnlichen Entwicklungen ausgesetzt. So wurde «Grafünzeln» dank Computer und einfachen Design-Tools für fast jedermann möglich, während man sich früher als Grafiker noch bequem hinter handwerklichem Können verschanzen konnte. Wem Grafikprogramme zu anstrengend sind, findet alternative Anwendungen, welche mit Unmengen von so genannten Templates aufwarten, um so dem zu entwickelnden Flyer oder Katalog ein halbwegs erträgliches Gesicht zu verleihen. So quasi die Tiefkühlpizzas im Grafikdesign – kaum Aufwand für kaum Individualität.
Seit ein paar Jahren drängen sich nun auch noch Crowdsourcing-Plattformen in den sonst schon umkämpften Markt der Grafiker: Logos und Corporate Design-Ideen zum Minimaltarif. Auf Online-Diensten wie z.B. freelogoservices.com oder upwork.com stossen ähnlich wie bei Uber Auftraggeber mit wenig Geld (oder einer geringen Bereitschaft, etwas mehr als das absolute Minimum auszugeben) auf Design-Anbieter unterschiedlichster Herkunft. Im Unterschied zu Uber findet man auf diesen Plattformen jedoch auch Werke von gelernten Berufsleuten und Könnern aus Billiglohnländern, da diese Online-Dienstleistung den Urheber mehrheitlich anonym hält und über dies nicht örtlich gebunden ist.
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LogomakerHomepage von «Logotypemaker», einer von unzähligen Plattformen, die zum Selbermachen animieren oder Grafikdesign zum Niedertarif verhökern.
Während man als professioneller Gestalter vergebens auf ein Verbot dieser Online-Dienste oder gar der Amateure wartet, stellt sich zuweilen schon etwas die Frage: Wie sieht die Zukunft der Erwerbstätigen aus? Indem sich berufstätige Taxifahrer in ihren Standzeiten als Logodesigner versuchen, sehen sich die Grafiker gezwungen, ein Zimmer ihrer Stadtwohnung über AirB’nB zu vermieten?
Natürlich ist alles nicht so dramatisch. Denn bekanntlich sorgen Billigangebote für mehr Nachfrage – und nicht für weniger. Doch wer als Kommunikations-Designer über Kurz oder Lang ein Auskommen haben will, sollte sich schon überlegen, welches Kriterium für sein Angebot ausschlaggebend sein könnte – nebst einem möglicherweise attraktiven Preis.
Bevor ich mich also in mein Auto setze um Taxifahrer zu spielen, überlege ich mir lieber, welches meine Qualitäten sind, die mich aus dem Meer von Amateuren – und Professionellen hervorheben.
Dazu ein interessantes Interview mit Tom Slee, ein prominenter Kritiker der «Ökonomie des Teilens» auf Spiegel Online.